Fräulein Prolet

edition av 2023, ISBN 9 7 8 – 3 – 8 6 8 4 1 – 3 1 2 – 0

München, 8. November 1923. Ausnahmezustand, Inflation, Putschgerüchte. Die junge Fotografin Fritzi traut sich zu einer illegalen Kundgebung. Mit ihrer „Weibergang“, den Frauen des „Bund sozialistischer Frauen“, feiert sie auf der Theresienwiese den fünften Jahrestag der Revolution. Die Frauen prangern den zunehmenden Terror der rechten Kampfbünde an und fordern Republik statt Ordnungszelle. Plötzlich verschwindet Fritzi im Bauch der Bavaria. Ist sie entführt worden? Wer hat ein Interesse, Fritzi verschwinden zu lassen? Die Frauen des BSF wollen Fritzi retten, geraten aber in die Vorbereitungen des Bierkellerputsches. Ein jüdischer Kaufmann, Stadträte und Landtagsabgeordnete verschwinden. In einer schlaflosen Nacht gelingt es den Frauen, den Putsch zu stoppen. Aber wo ist Fritzi?

Cornelia Naumann hat den vergessenen Frauen des BSF nachgespürt und Erstaunliches zutage gefördert. In diesem Roman ist alles erfunden – auch das Wahre.

Fritzi, 17 Jahre alt, Munitionsarbeiterin, hat Besuchserlaubnis im Gefängnis Stadelheim. Aber sie wird nicht eingelassen. Die Gefangene, die sie besuchen wollte, hat sich erhängt. Sonja Lerch wollte den Frieden durch Generalstreik erzwingen und die Monarchie abschaffen. Aber der Versuch schlug fehl, noch regiert im deutschen Reich die oberste Heeresleitung. Fritzi glaubt nicht an Selbstmord. Sie ist Sonjas Mörder begegnet und will ihn stellen. Im Kampf um die junge Republik erkennt sie in einem Soldaten der Freikorps, die die Räterepublik blutig niederschlagen, Sonjas Mörder. Beim Versuch, ihn zu fassen, wird sie selbst zur Gejagten. Aber ihre „Weibergang“ und der Matrose Max sind an ihrer Seite, ein sehr unzuverlässiger Dichter ist in sie verliebt, und da ist auch noch Sepp, der Leichenwagenfahrer, mit seinem seltsamen Gaul. Für ein Mädchen der Vorstadt wird die Revolution 1918 zum entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens. Von der Ausrufung des Freistaates bis zur Verhängung der „Ordnungszelle Bayern“ liegen nur fünf Jahre, eine turbulente Zeit, in der Fritzi gegen Hunger, Armut, Inflation, Mord und Pandemie kämpft, aber auch unbändige Lebenslust spürt, ihrer ersten Liebe begegnet, einen aufregenden Beruf erlernt. Von der Rüstungsarbeiterin zur Fotografin aufgestiegen, erlebt Fritzi die junge Republik und ihre Gefährdung durch kriminelle rechte Bürgerwehren und antisemitische Geheimorganisationen.

Spannend und zeitnah: was vor 100 Jahren geschah, hat viele Berührungspunkte zu unserer heutigen Lebenswelt. Und was wird aus den mutigen, in Vergessenheit geratenen Frauen, die 1923 den Bierkellerputsch verhindern? Diese Frage beantwortet ein verblichenes Fotoalbum.

Vita

Cornelia Naumann, geboren in Marburg, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit bedeutenden, zu Unrecht vergessenen Frauen. Theaterstücken über die fahrende Komödiantin Karoline Schulze-Kummerfeld und die deutsch-jüdische Lyrikerin Gertrud Kolmar folgten biografische Romane über Wilhelmine von Bayreuth, Anna Dorothea Therbusch und sowie Isabeau de Bavière und ihre Philosophin Christine de Pizan.

In der edition av erschien von ihr „Steckbriefe“, gemeinsam mit Günther Gerstenberg, und „Ich hoffe noch, dass aller Menschen Glück nahe sein muss“, Dokumente des revolutionären Lebens der Sarah Sonja Lerch, geb. Rabinowitz, auch Gegenstand ihres Romans „Der Abend kommt so schnell“ (Meßkirch 2018). In ihrem neuen Roman »Fräulein Prolet“ forscht Naumann den wenigen Spuren nach, die die Frauen des BSF während der Revolution und den frühen 20er Jahren hinterliessen.

Cornelia Naumann ist Autorin und Dramaturgin. Sie lebt und arbeitet in München und auf Nordstrand.

„Die Zeitspanne, die Naumann abdeckt, beginnt 1918 zum Zeitpunkt des Todes von Sonja Lerch. Und sie endet im Wesentlichen fünf Jahre später, 1923, mit den Ereignissen um die Entführung der Figur Fritzi. … Es ist eine amitionierte Dramaturgie, die für Abwechslung und Spannung sorgt.“

Antje Weber in der Süddeutschen Zeitung vom 27.3.2024

Fräulein Prolet. Roman von Cornelia Naumann. https://youtu.be/VWJO-Y1_V74